Ein mit mindestens 1 % beteiligter GmbH-Gesellschafter, der seiner GmbH ab dem 1.1.2009 ein Darlehen gewährt hat und nun einen Forderungsverzicht mit Besserungsabrede erklärt, kann den Teil seiner Darlehensforderung, der im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltig ist, als verdeckte Einlage im Zeitpunkt der Aufgabe oder Veräußerung der GmbH-Beteiligung nach dem sog. Teileinkünfteverfahren mit 60 % steuerlich geltend machen. Den Teil der Darlehensforderung, der im Zeitpunkt des Verzichts wertlos ist, kann er aber bereits im Zeitpunkt des Verzichts als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen.
Hintergrund: GmbH-Gesellschafter, die mit mindestens 1 % an der GmbH beteiligt sind und mit Darlehen, die sie der GmbH gewährt haben, ausfallen, können den Darlehensverlust grundsätzlich steuerlich geltend machen. Allerdings ist zu prüfen, ob sich der Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, zu denen auch der Verlust aus der Aufgabe oder Veräußerung einer wesentlichen GmbH-Beteiligung gehört, zu 60 % auswirkt oder aber bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, bei denen der Verlust zwar zu 100 % berücksichtigt wird, aber dafür je nach geltender Rechtslage nur eingeschränkt mit anderen Einkunftsarten verrechenbar sein kann. Nach dem Gesetz ist eine Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb vorrangig.
Sachverhalt: Der Kläger war mit mehr als 12 % an einer GmbH & Co. KG beteiligt und gewährte dieser am 6.2.2009 ein Darlehen in Höhe von 128.000 €. Noch im Jahr 2009 wurde die GmbH & Co. KG in die Z-GmbH umgewandelt, so dass der Kläger nun an einer GmbH beteiligt war. Im Jahr 2009 verzichteten der Kläger und die anderen Gesellschafter auf ihre Forderungen gegen die Z-GmbH gegen Besserungsabrede; sollte es der Z-GmbH wieder finanziell besser gehen, würden die Forderungen also wieder aufleben. Im Zeitpunkt des Verzichts war die Darlehensforderung des Klägers zu 34 % (= 43.520 €) werthaltig. In den Jahren 2009 bis 2012 war der Kläger als Geschäftsführer der Z-GmbH beschäftigt. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2009 den gesamten Verlust seiner Darlehensforderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) berücksichtigte den Verlust der Darlehensforderung zwar nicht bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, jedoch teilweise bei den Einkünften aus Kapitalvermögen:
Ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit schied aus, weil der Forderungsverzicht vorrangig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. Dies hat das Finanzgericht in der ersten Instanz festgestellt.
Der Kläger kann jedoch den Teil seiner Darlehensforderung, der im Zeitpunkt des Verzichts wertlos war (66 % von 128.000 €), im Jahr 2009 als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften geltend machen. Der Forderungsverzicht mit Besserungsabrede führte sofort zum Untergang der Forderung; die Besserungsabrede bewirkt erst dann ein Wiederaufleben der Forderung, wenn es der GmbH finanziell wieder besser geht.
Zwar ist nach dem Gesetz eine Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb vorrangig gegenüber einer Zuordnung zu den Kapitaleinkünften. Im Streitjahr 2009 konnte es aber noch nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb aus der Aufgabe oder Veräußerung der GmbH-Beteiligung kommen. Denn der Kläger hat im Jahr 2009 seine Beteiligung an der Z-GmbH weder aufgegeben noch verkauft. Zu einem Vorrang der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann es nur dann kommen, wenn beide Einkunftsarten im selben Veranlagungszeitraum anwendbar sind.
Hinweise: Der Verlust wird bei den Kapitaleinkünften nicht erst dann berücksichtigt, wenn feststeht, dass es bei der GmbH nicht mehr zu einer finanziellen Erholung kommt. Zu einer Berücksichtigung bei den Kapitaleinkünften kommt es allerdings nur dann, wenn das Darlehen ab dem 1.1.2009 gewährt worden ist, da erst seit diesem Zeitpunkt Darlehensverluste im Privatvermögen steuerlich anerkannt werden. Auch wenn Verluste aus Kapitalvermögen zu 100 % steuerlich berücksichtigt werden, sind sie nur eingeschränkt nutzbar, da sie nach der aktuellen Gesetzeslage nicht mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden können.
Im Jahr 2013 wurde über das Vermögen der Z-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Sollte der Kläger seine GmbH-Beteiligung im Jahr 2013 aufgeben, kann er im Jahr 2013 den werthaltigen Teil seiner Forderung (43.520 €) als Darlehensverlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Aufgabe oder Veräußerung einer wesentlichen GmbH-Beteiligung) geltend machen. Dieser Verlust wird aber nur zu 60 % berücksichtigt.
Im Jahr 2013 könnte der Kläger unter bestimmten Voraussetzungen erneut den wertlosen Teil seiner Forderung geltend machen, und zwar ebenfalls bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Führt dies zu einer Doppelberücksichtigung, weil der Verlust des wertlosen Teils schon im Jahr 2009 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt worden ist, muss dies dem BFH zufolge verfahrensrechtlich korrigiert werden, so dass der Betrag insgesamt nur einmal steuerlich berücksichtigt wird.
Quelle: BFH, Urteil vom 19.11.2024 – VIII R 8/22; NWB